Ulrike Gaida 

Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main, 8. Auflage 2025, 34,00 Euro, ISBN 9783938304396

Ziel und Inhalt des Buches 

Das Buch beleuchtet die Rolle von Krankenschwestern im Nationalsozialismus – von ideologischer Indoktrination bis hin zur aktiven Beteiligung an Krankenmorden. Es richtet sich sowohl an Fachpublikum als auch an Laien und bietet eine umfassende Einführung in den aktuellen Forschungsstand. Besonders betont wird die Diskrepanz zwischen dem professionellen Pflegeethos und der „rassistischen“ Umsetzung dieser Pflege im NS-System. 

Gaida, selbst Krankenschwester und Historikerin mit Erfahrung an der Gedenk- und Bildungsstätte „Haus der Wannsee-Konferenz“, bringt hier ihre Expertise. 

Aufbau des Buches 

Die Einführung kontextualisiert den Pflegeberuf bis 1933 und beschreibt die ideologische Ausrichtung im NS-Staat. 

Eine Umfangreiche Sammlung von Originaldokumenten, Bildquellen, Zeitschriftenartikeln, Schulungsmaterialien und Fallberichten kann als sehr positiv hervorgerufen werden. 

Der didaktische Anhang zeigt Unterrichtsmodelle, Aufgabenstellungen und Reflexionsfragen zur problemorientierten Lehre auf. Dies kann unterstützend in der Lehre sein. Insgesamt umfasst das Werk rund 220 Seiten, gegliedert in neun Kapitel plus Quellenverzeichnis. 

Übersichtlichkeit und Praxisbezug 

Das Buch ist klar gegliedert in Einführung, Quellenteil und didaktische Wurzeln. Das Inhaltsverzeichnis und die Kapiteleinteilung unterstützen ein schnelles Auffinden relevanter Themen. 

Das Buch ist praxisnah aufgebaut: 

  • Unterrichtseinheiten und Arbeitsaufträge ermöglichen die direkte Anwendung im Pflegeunterricht. 
  • Kritisch wird allerdings angemerkt, dass die ersten Lektüretexte im Vergleich zu umfangreichen Quellen recht kurz geraten sind. Zudem könnten die Aufgaben in knappen Lehrplänen zeitlich schwer umsetzbar sein.

Kritikpunkte 

Der theoretische Teil zur historischen Einordnung fällt relativ knapp aus – insbesondere im Vergleich zum sehr umfangreichen Quellenteil. Anzumerken ist ebenso, dass die Einführung zwar solide ist, aber vertiefte Analysen oder kontroverse Debatten (z.B. zur Täterinnenforschung oder zum Spannungsverhältnis zwischen Berufsethos und Ideologie) hätten stärker ausgearbeitet werden können. Die enthaltenen Unterrichtsmaterialien und Aufgaben sind gut strukturiert, jedoch didaktisch anspruchsvoll. Es wird vorausgesetzt, dass Lehrkräfte historisch gut vorgebildet sind und genügend Raum im Lehrplan haben – was in vielen Ausbildungsgängen nicht der Fall ist. Die behandelten Themen (Krankenmorde, ideologisierte Pflege) sind ethisch hochsensibel. Manche Auszubildende könnten emotional überfordert sein, wenn die Begleitung durch die Lehrperson nicht sorgfältig erfolgt. Insofern sind für einen produktiven Einsatz Vor- und Nachbereitung sowie Nachgespräche notwendig – was wiederum zeitintensiv ist. Einige historische Quellen sind sprachlich oder kontextuell schwer zugänglich, besonders für Lernende ohne Vorkenntnisse und Menschen mit internationaler Lebensgeschichte. 

Fazit und Mehrwert 

„Zwischen Pflegen und Töten“ bietet eine wertvolle Kombination aus historischer Analyse, didaktischen Materialien und Quellenarbeit. Es ermutigt zur kritischen Reflexion über Pflegerollen im NS-Staat und schafft einen fundierten Zugang zu einem ethisch komplexen Thema. Obwohl der theoretische Teil gelegentlich etwas knapp wirkt und Aufgaben im Unterricht anspruchsvoll zu realisieren sind, bleibt das Gesamtwerk eine empfehlenswerte Ressource. Es ermöglicht Pflegenden, Auszubildenden und Lehrenden, sich reflektiert mit der eigenen Berufsvergangenheit auseinanderzusetzen. 

Eine Rezension von Simone Dalcke 
B.A Medizinalfachkraft/ Gesundheitspädagogik 

Karen Briesen

Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main, 1. Auflage 2025, 130 Seiten, 25,00 €, ISBN 978-3-86321-748-8

Welche Rolle und welche Aufgaben hatten Pflegefachpersonen im Nationalsozialismus? Leisteten sie Widerstand? Oder fügten sie sich den Nationalsozialisten nicht nur politisch, sondern auch durch Handlungen? Menschen mit Behinderungen sind unbeschreibliche Gräueltagen angetan worden. 1940, so beschreibt es die Autorin in der Einleitung des Buches, wurden 223 Bewohner aus den Katharinenhof Großhennersdorf deportiert. Nur 27 Menschen haben von allen ehemaligen Großhennersdorfer Heimbewohnern das dritte Reich überlebt. Grund genug für eine historische Aufarbeitung. Die Autorin formuliert ihr Forschungsinteresse durch die gegenwärtige politische Lage in Deutschland, die klare Standorte und ein aktives Handeln erfordert. Gleichzeitig ist die Rolle der Krankenpflege im Nationalsozialismus bis heute zu wenig thematisiert. Nur durch die Kenntnisse der Vergangenheit können Situationen in der Gegenwart verstanden und ein kritisches Berufsverständnis entwickelt werden, so die Zielsetzung. Am konkreten Beispiel werden Handlungsspielräume der Diakonissen im Alltag beschrieben. Die beruhigende Botschaft: Es kam zu Widerstand von Pflegefachpersonen. 

Über die Autorin 

Karen Briesen ist im Jahr 1969 geboren. Sie ist Pflegewissenschaftlerin, Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivmedizin sowie Praxisanleiterin. Außerdem gilt sie als Expertin für evidenzbasierte Pflege. Der Transfer neuer Erkenntnisse der Pflegepraxis und die Weiterentwicklung des pflegehistorischen Diskurses sind ihr wichtige Anliegen. 

Rahmen der Publikation

Das vorliegende Buch ist im Rahmen einer Abschlussarbeit (Bachelorstudiengang Pflege, Schwerpunkt Praxisentwicklung an der Evangelischen Hochschule Dresden) entstanden. Das vorliegende Buch stellt eine wissenschaftliche Abhandlung dar und beantwortet eine konkrete Forschungsfrage. Darüber hinaus bietet es Anlagen, die Einblicke in historische Dokumente bieten. 

Überblick zum Aufbau und Gliederung des Buches 

Insgesamt verfügt das Buch über acht Kapitel sowie verschiedene Unterkapitel. Da es sich um eine wissenschaftliche Abhandlung handelt, ist die Struktur klassisch wissenschaftlich, d.h. über eine Einleitung, Methodik, Ergebnisse, Diskussion etc. Ein Anlagenverzeichnis zeigt ausgewählte Dokumente, die im Rahmen der Arbeit aufgezeigt werden. 

Diskussion 

Zu wenig wissenschaftliche Erkenntnisse beschreiben die Situation von Menschen mit Behinderungen, vor allem aus pflegewissenschaftlicher Sicht. Gleiches gilt für die Rolle von Pflegefachpersonen im Nationalsozialismus. Es ist eine gute Idee, dass dieses Buch gleich beide Desiderate annimmt und für Erkenntnisse sorgt. 

Folgende wissenschaftliche Fragen werden im Rahmen der Methodik formuliert: Inwieweit zeigten Diakonissen im Katharinenhof in Großhennersdorf in der Zeit des Nationalsozialismus ambivalentes Verhalten in Bezug auf Konformität und Widerstand, und wie beeinflusste diese Ambivalenz ihr Handeln? 

Nachdem ausführlich und prägnant zugleich in den Forschungskontext eingeführt wurde, beschreibt die Autorin die Methodik der durchgeführten Forschung. Sie beschreibt, dass sie eine Grounded-Theory-Studie durchgeführt habe. Allerdings nicht mit dem Ziel der Theoriegenerierung, sondern als Möglichkeit, historisches Datenmaterial zu kodieren und den Ansprüchen der qualitativen Forschung Rechnung zu tragen. Diese durchaus interessante Methode wird für den Geschmack des Rezensenten zu kurz beschrieben, sodass im Nebulösem verbleibt, wie, angelehnt an die Gedanken von Glaser und Strauss, historische Dokumente kodiert werden. Hier wäre eine gewisse Tiefe, vor allem im Hinblick auf dieses komplexe Thema im Rahmen eines Bachelorstudiums eine Bereicherung gewesen. Dem Vorwort kann entnommen werden, dass die betreuende Professorin von der durchgeführten Studie begeistert ist. Es ist davon auszugehen, dass die Autorin gut begleitet wurde oder andere Erfahrungen vorhanden waren. 

Weiter wird der historische Kontext der Studie beschrieben. Es wird die Gründung der Diakonissen-Mutterhäuser als auch die Entwicklung der Kaiserswerther Verbandes und der Diakonie bis 1933 beschrieben. Es folgt die Darstellung der Diakonissen im Katharinenhof Großhennersdorf in einem eigenen Kapitel. 

Das Ergebniskapitel gliedert sich anschaulich an der Forschungsfrage. Im Mittelpunkt steht die Ambivalenz der Diakonissen. Es fällt auf, dass das Ergebniskapitel mit 5 Seiten sehr kurz ist. Allerdings sind die Ergebnisse und neuen Erkenntnisse sehr spannend zu lesen und es ist deutlich zu merken, dass viel Arbeit hier eingeflossen ist. 

Ein Vergleich zu anderen Publikationen kann nur schwer getroffen werden. Das Thema der Forschung in diesem speziellem Kontext gibt es kein zweites Mal. Es ist daher als Pionierarbeit zu betiteln. 

Fazit 

Eine Leseempfehlung für Theoretiker*innen als auch Praktiker*innen im erweiterten Feld der Eingliederungshilfe und/oder Pflegefachpersonen, die Menschen mit Behinderung versorgen. Das Buch regt zum Reflektieren über die Rolle und das Berufsverständnis an und zeigt auf, dass es sich lohnen kann, klare Haltung zu zeigen.  

Eine Rezension von Dr. Roman Helbig

Hubert Kolling (Hrsg.)

hpsmedia Verlag, Hungen, 2025, 328 Seiten, 34,80 €, ISBN 978-3-947665-06-8

Die Würdigung der eigenen beruflichen Leistungen durch prosopographische Lexika war für die Ärzteschaft schon seit dem 19. Jahrhundert eine Selbstverständlichkeit, die ihrem ausgeprägten Standesbewusstsein entsprach. Die Pflege folgte, zumindest in Deutschland, mit einiger Verspätung erst 1997. In diesem Jahr gab der Pflegepädagoge und -historiker Horst-Peter Wolff (1934-2017) den ersten Band des Biographischen Lexikons zu Pflegegeschichte heraus. Damit legte er den Grundstein für eine Erfolgsgeschichte, die bis heute anhält. Zu Beginn dieses Jahres erschien der 11. Band der Reihe, die seit Band vier von Hubert Kolling verantwortet wird, der aber an den Vorgängerbänden bereits mitgewirkt hat. Sie leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur Herausbildung eines eigenen professionellen Berufsbewusstseins der Pflegenden, deren Leistungen nicht hinter denen der Ärzte zurückstehen. Gerade in der heutigen Zeit der intensiven Diskussionen um berufspolitische Vertretungen, wie beispielsweise in Pflegekammern, ist ein historischer Rückblick auf die Protagonisten der Berufsverbände und die Pioniere der Pflegewissenschaft unerlässlich. Nur so lassen sich Phänomene, wie der Frauenüberschuss in der Pflege, die mühsame Emanzipation von der Bevormundung durch Mediziner und die in Deutschland verspätet einsetzende Akademisierung der Pflege verstehen. Auch der aktuelle Pflegenotstand entpuppt sich im Rückblick als ein relativ altes Phänomen, dem schon Generationen von Verantwortlichen in der Pflege mit den verschiedensten Mitteln entgegenzuwirken versucht haben. Vertreterinnen und Vertreter all dieser Entwicklungen werden im Biographischen Lexikon zur Pflegegeschichte in Kurzbiographien vorgestellt, wobei immer wieder die Vielzahl von zu würdigenden Personen verblüfft. „In jedem Fall zeigen die darin vorgestellten Biogramme, dass von wesentlich mehr Menschen Initiativen, Wissensvermittlung und autonome Leistungen für die Pflege ausgingen, als dies bisher von der historischen Pflegewissenschaft wahrgenommen wurde beziehungsweise allgemein bekannt ist“, schreibt der Herausgeber im Vorwort¹. Insgesamt umfassen die elf Bände des Lexikons jetzt über 1500 pflegehistorisch relevante Personen, allein im vorliegenden Band werden 66 Männer und Frauen gewürdigt, die in der Pflege und deren Weiterentwicklung eine Rolle gespielt haben.

Der aktuelle Band ist der kürzlich verstorbenen Krankenschwester und Pflegewissenschaftlerin Dr. Ruth Schröck (1931-2023) gewidmet, einer Pionierin der Psychiatriepflege, der Entwicklung der Pflegewissenschaft und der Akademisierung der Pflegeausbildung. Weitere hier vertretene Zeitgenossinnen sind Elisabeth Derup (1937-2023), die Mitbegründerin des „Deutschen Vereins für Pflegewissenschaft“ (seit 2005 „Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft“), Naomi Gisela Feil (1932-2023), eine deutsch-amerikanische Gerontologin, die Maßgebliches zur Verbesserung der Betreuung von Alzheimer-Patienten beigetragen hat sowie Anneliese Fricke (1923-2014), die u. a. als Oberin und Schriftleiterin der Verbandszeitschrift „Die Agnes-Karll-Schwester“ (ab 1972 „Krankenpflege“) berufspolitisch engagiert war. Indem sich die Würdigung nicht nur auf historische, sondern auch auf zeitgenössische Personen erstreckt, wird das Lexikon somit auch zu einer Chronik der Entwicklung der Pflegewissenschaften, die ihre volle Wirkung erst in einigen Jahrzehnten entfalten wird.

Die Autorin setzt das Lexikon schon lange erfolgreich in der akademischen Lehre ein, denn jede angehende Pflegefachfrau und jeder angehende Pflegefachmann sollte Namen wie Theodor Fliedner, Florence Nightingale oder Agnes Karll kennen und mit diesen Namen auch konkrete historische Entwicklungen verbinden. Gerade junge Menschen prägen sich historische Ereignisse besser ein, wenn sie mit einer greifbaren Person verbunden werden können.

Auch fachfremde Leser werden das Lexikon, das in erster Linie ein Nachschlagewerk, aber auch ein „Lesebuch“ ist, mit Gewinn  zur Hand nehmen. Pierre Pfütsch schrieb unlängst: „Galten biographische Zugänge in den letzten 30 Jahren eher als dröge und veraltet, erfreuen sie sich seit einiger Zeit wieder größerer Beliebtheit, was wohl nicht zuletzt auch an dem wachsenden Geschichtsinteresse des Laienpublikums liegt. Beliebte Publikationsanlässe für Biographien sind Jubiläen, Jahrestage oder Aktualitätsbezüge.“²

Auch wenn schon zahlreiche Persönlichkeiten der Pflegegeschichte gewürdigt wurden, besteht noch weiterer Forschungsbedarf. So ist der Reihe eine Fortsetzung, vielleicht auch in digitaler Form, sehr zu wünschen. Dem Herausgeber gebührt ein besonderer Dank für seine ehrenamtliche, ohne institutionelle Unterstützung geleistete Arbeit.

Eine Rezension von Annett Büttner