Risikomanagement für die Pflege |
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Aus der Erkenntnis, dass es immer dort zu Irrtümern kommt, wo Menschen tätig werden, sei dies aus Unwissenheit, mangelnder Sorgfalt oder Selbstüberschätzung, ist es den Autorinnen ein Anliegen, dass in den Betrieben des Gesundheitswesens ein Risikomanagement eingeführt wird. Sie stellen an den Anfang ihrer Ausführungen die verschiedenen Betrachtungsweisen und Anforderungen an ein Risikomanagement. Sie zeigen auf, wie verschieden die Sichtweisen zum Risikomanagement sind, nämlich die Sicht der Organisation, der Bewohner/innen und Patient/innen, der Mitarbeitenden, der Kostenträger und der Haftpflichtversicherer. Zudem weisen sie darauf hin, welche Gründe für den Anstieg der Schadensfälle verantwortlich sind.
Die Einführung in das deutsche Haftungsrecht für Pflegeberufe hat für die Autorinnen eine besondere Bedeutung. Sie argumentieren, dass die medizinische und pflegerische Betreuung von Menschen erhebliche Risiken birgt und deshalb der Bereich des Haftungsrechts von besonderem Interesse sein muss. Haftung bedeutet in dem Sinn, dass Menschen für die Folgen ihres Handelns oder ihres Nicht-Handelns die Verantwortung tragen müssen. Voraussetzung der Haftung ist, dass durch die Handlung oder Unterlassung Schäden entstanden sind. Die Konsequenzen können zivilrechtlich, strafrechtlich oder arbeitsrechtlich sein.
Im Folgenden gehen die Autorinnen der Frage nach, welche Bedeutung das Risikomanagement hat. Risiko definieren sie als „ein geplantes oder ungeplantes unerwünschtes Ereignis, welches möglicherweise eine Organisation, einen Prozess, einen Vorgang oder ein Projekt beeinträchtigen kann“. Sie verstehen unter dem Begriff des Risikomanagementsystems die Gesamtheit aller organisatorischer Maßnahmen und Regelungen, die im Rahmen der Risikoerkennung oder im Umgang mit Risiken getroffen werden mit dem Ziel, Risiken zu verstehen und somit kalkulierbar und kontrollierbar zu machen. Das Risikomanagementsystem lässt sich in die folgenden Prozessschritte gliedern: Risikostrategie, Risikoinventur, Risikoanalyse, Risikobewertung, Risikosteuerung und Risikoüberwachung. Die Autorinnen stellen die Inhalte der einzelnen Prozessschritte detailliert vor.
Für die Einführung eines erfolgreichen Risikomanagements gilt es organisatorische Rahmenbedingungen, eine entsprechende Unternehmenskultur sowie Strukturen zu schaffen. Es wird darauf hingewiesen, dass die Voraussetzung für ein nachhaltig erfolgreiches Risikomanagement die Schaffung einer Unternehmenskultur ist, in welcher ein Risiko- und Sicherheitsbewusstsein verankert sowie ein Klima vorhanden ist, dass es den Mitarbeitenden erlaubt, aus Fehlern zu lernen.
Ein ganzes Kapitel wird der Thematik des Umgangs mit Fehlern gewidmet, da davon auszugehen ist, dass 60% bis 80% aller kritischen Ereignisse im Gesundheitswesen auf menschliche Fehlleistungen zurückzuführen sind. Dabei wird zwischen dem Personen-Modell und dem System-Modell unterschieden. Die Autorinnen verstehen das klinische Risikomanagement als Teil des Qualitätsmanagements, welches das Ziel verfolgt, Risiken der Patient/innen und Bewohner/innen im Rahmen ihrer Versorgung zu minimieren und damit langfristig der Einrichtung einen wirtschaftlichen Erfolg zu ermöglichen. Sie weisen speziell darauf hin, dass eine gut funktionierende multiprofessionelle Zusammenarbeit die Basis bildet für qualitätssichernde und risikovermindernde Maßnahmen. An konkreten Themen wie Medikamententherapie, Dekubitus, Sturz sowie Ernährung/ Flüssigkeitsversorgung werden einzelne Maßnahmen zur Risikoverminderung dargestellt.
Im letzten Kapitel werden die Möglichkeiten und Grenzen von Risikomanagement reflektiert. Hier wird ausgeführt, dass das Risikomanagement eine Führungsaufgabe ist, ein Veränderungsprozess bedeutet, in Systemen und Prozessen zu denken heißt, alle etwas angeht und Vertrauen benötigt sowie Integration und Kontinuität erfordert. Die Autorinnen weisen darauf hin, dass das Haupthindernis für die Einführung weder ein Wissens- noch ein Erkenntnisproblem, sonder viel eher ein Umsetzungsproblem ist. Zudem bezeichnen sie als die größte psychologische Schwelle die Tatsache, dass die Kosten, insbesondere diejenigen der Risikominderung sicher anfallen, der Eintritt der ihnen gegenüberstehenden Risiken jedoch unsicher ist. Risiken in Betrieben sind jedoch häufig immanent und verborgen, sodass die Hauptfrage immer lauten muss, ob dasselbe nochmals geschehen könnte. Ziel des Risikomanagements muss sein, aus Fehlern zu lernen und die Einrichtung und ihre Abläufe so zu gestalten, dass sich diese Fehler nicht wiederholen. Der vorliegende Leitfaden bearbeitet eine hochaktuelle Thematik, ist gut strukturiert und verständlich gestaltet. Alle zum Thema gehörenden Aspekte werden behandelt und je nach Sachlage mehr oder weniger ausführlich reflektiert. Das vorliegende Buch kann allen Führungskräften im Gesundheitswesen sehr empfohlen werden.