Hospizliche Altenpflege (Rezension)

Hospizliche Altenpflege (Kostrzewa, Stephan und Christoph Gerhard)

Verlag Hans Huber, Bern, 2010, 344 S., 29,95 €, ISBN 978-3-456-84809-9

Rezension von: Dorothea Kleinknecht

Die beiden Autoren verbindet hohe Fachkompetenz: Altenpflege, Sozialwissenschaft, Neurologie und Schmerztherapie - eine besondere Kombination verschiedener Fachrichtungen, die aufmerksam werden lässt. Schon der Titel des Buches macht neugierig: "Hospizliche Altenpflege". Was macht denn wohl die Altenpflege "hospizlich"? Was ist das überhaupt? Man blättert im Inhaltsverzeichnis und die Neugier auf dieses Buch steigt: sie wird nicht enttäuscht!

Mit weitem Blick schauen die beiden Autoren in die Landschaft der Altenpflege. Sie betrachten Sterben und Tod im Gesundheitssystem der modernen Gesellschaft, sowohl im Krankenhaus als auch im Pflegeheim. Die berufliche Altenpflege hat sich in den vergangenen 60 Jahren gewaltig verändert, von der "Siechenanstalt zum präfinalen Servicezentrum" mit vielen gesetzlichen Auflagen und Kontrollen. Die Menschen, die in Pflegeheimen versorgt werden, sind älter, kränker, dementer und anspruchsvoller als in früheren Zeiten. Die Altenpflege sieht sich einer großen Zahl sehr hilfs- und pflegebedürftiger alter Menschen gegenüber, das Thema Abschied, Sterben und Tod nimmt großen Raum ein, sei es den einzelnen Akteuren bewusst oder nicht! Die Ausbildung in der Altenpflege muß dieser besonderen Anforderung begegnen und sich dem Thema "Pflege Schwerkranker und Sterbender" widmen, im Spagat zwischen dem aktivierenden und rehabilitativen Anspruch, der eben auch gefordert wird. Dazu bietet dieses Buch sehr umfassende Informationen! Das Kapitel "Palliativbetreuung im Pflegeheim" ist eine ganz bemerkenswerte Zusammenstellung aller Symptome, an denen Menschen am Ende ihres Lebens leiden können: Schmerzen, die es zu erfassen gilt, auch wenn die Fähigkeit verschwunden ist, sie angemessen äußern zu können. Das Thema "Demenz als Herausforderung" wurde nicht übersehen! Welche Schmerztherapien gibt es? Wie entstehen Atemnot, Übelkeit, Müdigkeit, Unruhe? Wie sind diese Symptome zu lindern? Wie kann man zum umstrittenen Thema Flüssigkeit und Ernährung am Lebensende stehen? Was ist bei Tumorkranken zu erwarten und zu beachten?

Ein großes Kapitel widmet sich der Ethik in der hospizlichen Altenpflege. Sehr weit geht auch hier wieder der Blick, sehr gründlich wird dieses Feld bestellt: was ist Gewissen, Moral und Ethik? Wie selten findet ein Nachdenken darüber im Alltagsgetriebe statt! Wie gut, sich mit Hilfe dieses Buches darüber Gedanken machen zu können! Wie oft wird entschieden, ohne genau hinzuschauen, was die Motive der Entscheidungen sind: bei einer PEG- Anlage, bei subkutanen Infusionen, bei dem Wunsch nach Sterbehilfe, bei der Umsetzung oder beim Ignorieren einer Patientenverfügung. "Ethik im Pflegeheim organisieren" das hört sich gut an, das lässt aufhorchen, das öffnet neue Räume….

Das Buch bleibt aber nicht stehen bei moralischen Appellen oder bei idealistischen Beschreibungen: "so sollte es sein, so wäre es gut" - nein, das Buch zeigt Schritte auf, wie palliative oder hospizliche Konzepte in Pflegeheimen entwickelt, etabliert und bewertet werden können. Das ist das Besondere daran! Dadurch wird es zu einer echten Hilfe, zu einem guten Werkzeug. Wenn man sich für das Thema Palliativpflege interessiert und auch die Möglichkeit hat, ein solches Konzept umzusetzen, ist es einfach nur zu empfehlen, könnte sogar Pflichtlektüre sein für Lehrer/innen in der Pflegeausbildung. Auf dem Foto der letzten Seite sind die beiden Autoren fröhlich und vergnügt beieinander zu sehen: auch das ist überzeugend. Sie strahlen Achtung vor dem Leben und Sterben aus, bringen hohen fachlichen Einsatz, und vergessen dabei die Freundschaft und Schönheit nicht: das ist "hospizlich"!

Dieses Buch ist gelungen. Es ist gut zu lesen, gibt viele Anregungen und ist schön anzuschauen wegen der zarten Fotos jeweils zum Beginn eines Kapitels: gute, nahrhafte Kost.