Anlässlich der von der OdA Gesundheit Bern und dem Berner Bildungszentrum Pflege organisierten Expertentagung unter dem Motto „Pflege 2030“ vom 10. November 2014 skizzierten über vierzig Fachleute aus allen Versorgungsbereichen des Gesundheitswesens Entwicklungen, Szenarien und neue Versorgungsmodelle für die Pflege der Zukunft.
Welche Herausforderungen erwarten die verschiedenen Akteure im Gesundheitswesen der Zukunft? Wie sind Bildungs- und Praxisverantwortliche, Krankenversicherungen oder die Politik auf die Veränderungen vorbereitet? Über 40 geladene Expertinnen und Experten aus dem Gesundheitswesen haben sich an der Fachtagung „Pflege 2030“ mit diesen Fragestellungen intensiv auseinandergesetzt. Diskussionsgrundlage bildeten Input-Referate namhafter Referentinnen und Referenten aus dem Gesundheitswesen, der Forschung und der Politik.
Prof. Dr. Sabine Hahn, Leiterin angewandte Forschung & Entwicklung Pflege des Fachbereichs Gesundheit an der Berner Fachhochschule und Verfasserin der Studie «Panorama Gesundheitsberufe 2030», lieferte einen Überblick über die gesellschaftliche Entwicklung und zeigte verschiedene Szenarien mit Blick auf die Kompetenzen und Anforderungen an die Pflegefachpersonen auf. So seien beispielsweise zukünftig vermehrt technische Kompetenzen und fundiertes praxisrelevantes Wissen darüber gefragt wie Technologien sinnvoll im Pflegealltag eingesetzt werden können. Weiter müsse Pflege im häuslichen Bereich durch die Pflegefachpersonen besser antizipiert werden, da die Menschen möglichst lange daheim versorgt werden möchten. Noch identifiziere sich die Pflege zu wenig mit der ambulanten Versorgung, so Hahn.
Regierungsrätin Heidi Hanselmann, Vorsteherin des Gesundheitsdepartements des Kantons St. Gallen brach eine Lanze für die Pflege: Es sei endlich an der Zeit, so Hanselmann, dass die Pflege eine Stimme erhalte und Verantwortung übernehme. Dies müsse bereits im politischen Entscheidungsprozess beginnen. Hanselmann verweist auf den Vorbildcharakter des eigenen Kantons: Das Gesundheitsdepartment deckt den Fachbereich Pflege und Entwicklung mit einer eigenen Stelle ab. Die Pflege habe dadurch eine gewichtige Stimme erhalten, bekräftigt Hanselmann, da die entsprechende Pflegeexpertin in jeden Vorstoss miteinbezogen werde.
Michael Jordi, Zentralsekretär der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren GDK, betonte in seinem Referat, dass neben den normativen Komponenten, wie die Fachkompetenz der Gesundheitsfachleute, auch die quantitativ verfügbaren Ressourcen die Qualität und den Umfang der Gesundheitsversorgung massgeblich bestimmen. Wenn es um die Verfügbarkeit des Fachpersonals gehe, sei es oft schwierig, freie Stellen zu besetzen. Durchschnittlich stamme ein Drittel des ärztlichen und pflegerischen Personals aus dem Ausland. Wenn der Zustrom von Fachkräften aus dem Ausland begrenzt würde, so Jordi, hätte dies spürbare Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung.
Zentrale Inhalte zu konkreten Zukunftsszenarien wurden im Anschluss an die Referate von den Teilnehmenden in Workshops ausgearbeitet und aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet.
Die Frage, welche Entwicklungen erforderlich seien, um die Gesundheitsfachpersonen im Berufsfeld halten zu können, beantworteten die Expertinnen und Experten einheitlich: Für das Pflegepersonal müssen attraktivere Arbeitszeitmodelle, eine verbesserte Unterstützung im Berufsalltag und Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung angeboten werden.
Mögliche neue Betreuungsmodelle der Zukunft sehen die Expertinnen und Experten primär in der Entwicklung neuer Wohnformen, dem Aufbau regionaler Versorgungszentren und insbesondere im verstärkten Ausbau von Netzwerken.
Einigkeit herrschte auch darüber, dass das Fachpersonal von morgen noch stärken zusammenarbeiten muss: Begriffe wie Interdisziplinarität, Interprofessionalität, berufsübergreifende Curricula in der Ausbildung, die Schaffung von Verbünden, Einheitlichkeit und Durchlässigkeit über alle Leistungserbringer hinweg, waren den Voten der Expertinnen und Experten zu entnehmen.
Die Expertentagung war aber auch von einigen Fragezeichen geprägt: Wer trägt beispielsweise die Verantwortung und agiert als Steuerungselement für zukünftige Modelle, bei Anpassungen und Prozessen? Wie können Leadership-Kompetenzen in der Aus- und Weiterbildung gestärkt werden? Und oft wiederkehrend die Frage: Wie wird dies alles finanziert?
Die Ergebnisse der Workshops dienen nun kommenden Arbeitsprojekten als Grundlage, aktuelle Problemstellungen zu bearbeiten und Lösungsstrategien zu initiieren.
Die Tagung organisierten das Berner Bildungszentrum Pflege und die OdA Gesundheit Bern.
Kontakt:
Kristina Ruff, Verantwortliche Unternehmenskommunikation, OdA Gesundheit Bern,
Tel. 031 970 40 76,
Encarnación Berger-Lobato, Leiterin Marketing und Kommunikation, Berner Bildungszentrum Pflege, Tel. 031 630 17 01,